Der Framing-Effekt: Preise präsentieren wie ein Profi
Stellen Sie sich vor, Sie stehen im Supermarkt. Ein Joghurt kostet 1 Euro. Teuer oder billig? Keine Ahnung. Jetzt sehen Sie daneben einen Premium-Joghurt für 2,50 Euro. Plötzlich wirkt der 1-Euro-Joghurt wie ein Schnäppchen. Das ist Framing (Rahmung). Die Information (1 Euro) hat sich nicht geändert, aber der Kontext (Vergleich mit 2,50 Euro) hat Ihre Wahrnehmung komplett verändert. Im B2B-Marketing, wo es um Budgets von Tausenden oder Millionen geht, ist Framing die wichtigste Fähigkeit, um Preise durchzusetzen und Wert zu kommunizieren.
Worte schaffen Realität: Kosten vs. Investition
Jedes Wort, das Sie nutzen, aktiviert ein neuronales Netzwerk im Gehirn Ihres Kunden.
- "Kosten", "Preis", "Gebühr": Diese Wörter aktivieren das Schmerzzentrum (Insula). Sie signalisieren Verlust, Abfluss von Liquidität, Risiko. Der Kunde denkt: "Wie kann ich das minimieren?"
- "Investition", "Startkapital", "Lösungspaket": Diese Wörter aktivieren den präfrontalen Kortex und das Belohnungszentrum. Sie signalisieren Zukunft, Wachstum, ROI. Der Kunde denkt: "Was bekomme ich dafür zurück?"
Praxis-Tipp: Streichen Sie das Wort "Kosten" aus Ihren Angeboten und Ihrer Website. Schreiben Sie nicht "Das Projekt kostet 50.000 CHF", sondern "Die Investitionssumme für die Transformation beträgt 50.000 CHF". Noch besser: Framen Sie den Preis im Verhältnis zum Ergebnis.
Schlecht: "Unsere Software kostet 1.000 CHF im Monat."
Gut: "Für weniger als das Gehalt eines Praktikanten automatisiert unsere Software die Arbeit von zwei Vollzeitkräften."
Der Decoy-Effekt (Der Köder): Wie Sie Entscheidungen lenken
Menschen sind schlecht darin, absolute Werte zu beurteilen. Wir brauchen Vergleiche. Wenn Sie nur eine Option anbieten ("Take it or leave it"), zwingen Sie den Kunden zu einer Ja/Nein-Entscheidung ("Will ich das Geld ausgeben?").
Bieten Sie stattdessen Alternativen an, nutzen Sie den Decoy-Effekt, um den Kunden zur teureren Option zu lenken.
Das klassische Experiment (The Economist):
- Option A (Online-Abo): 59 $
- Option B (Print-Abo): 125 $
- Option C (Print & Online): 125 $
Warten Sie, Option B und C kosten das Gleiche? Ja. Option B ist der "Decoy" (Köder). Niemand wählt B, denn C ist offensichtlich besser (mehr Leistung für gleichen Preis). Aber die Existenz von B macht C unwiderstehlich attraktiv. Ohne B würden die meisten Leute A (das Billigste) wählen. Mit B wählen die meisten C (das Teuerste), weil es im Vergleich wie ein genialer Deal wirkt.
Anwendung im B2B: Wenn Sie ein Software-Paket für 5.000 Euro verkaufen wollen, bieten Sie nicht nur dieses an.
1. "Basic": 3.000 Euro (Wenige Features, wirkt "zu klein").
2. "Decoy": 4.800 Euro (Fast so teuer wie Premium, aber deutlich schlechter).
3. "Premium": 5.000 Euro (Alles drin).
Der Sprung von 4.800 auf 5.000 wirkt lächerlich klein für den massiven Mehrwert. Der Kunde fühlt sich schlau, wenn er Premium wählt.
Loss Aversion Framing: Schmerz vermeiden > Lust gewinnen
Wie im Artikel zur "Verlustaversion" beschrieben, wiegt Verlust schwerer als Gewinn. Nutzen Sie dies für Ihr Framing.
Statt zu sagen: "Wenn Sie uns beauftragen, sparen Sie 10% Steuern." (Gewinn-Framing, "Nice to have").
Sagen Sie: "Wenn Sie nicht handeln, schenken Sie dem Finanzamt jedes Jahr 10%, die Ihnen rechtmäßig zustehen." (Verlust-Framing, "Must have").
Dies nennt man "Opportunity Cost Framing". Rechnen Sie dem Kunden vor, was ihn die Untätigkeit kostet. "Jeden Tag, den Sie mit der alten Software arbeiten, verbrennt Ihr Team 2 Stunden. Das sind 40 Stunden im Monat. Ein halber Mitarbeiter. Können Sie es sich leisten, ein halbes Gehalt aus dem Fenster zu werfen?"
Attribut-Framing: 95% Fettfrei vs. 5% Fett
Ein Produkt kann identisch sein, aber je nachdem, welches Attribut Sie hervorheben, ändert sich die Wahrnehmung.
Im B2B-Kontext:
Negativ-Frame: "Das Projekt hat eine Ausfallwahrscheinlichkeit von 1%." (Alarm! Risiko!).
Positiv-Frame: "Die Uptime beträgt 99%." (Sicherheit, Stabilität).
Nutzen Sie Positiv-Framing für Eigenschaften Ihres Produkts ("99% Kundenzufriedenheit" statt "1% Reklamationsquote").
Nutzen Sie Negativ-Framing für die Situation des Kunden ohne Ihr Produkt ("Gefahr von Datenverlust").
Zeit-Framing: Den Preis zerstückeln
Eine Investition von 100.000 CHF wirkt gigantisch und bedrohlich. Sie sprengt Budgets.
Framen Sie diesen Betrag auf die Nutzungsdauer herunter (Trivialisierung).
"Diese Maschine hält 10 Jahre. Das sind 10.000 CHF pro Jahr. Oder 833 CHF pro Monat. Weniger als 30 CHF am Tag. Kostet Sie das Problem, das die Maschine löst, mehr als 30 CHF am Tag?"
Plötzlich vergleicht der Kunde nicht mehr 100.000 CHF mit seinem Bankkonto, sondern 30 CHF mit seinen täglichen Problemen. Der Frame hat sich verschoben.
Der Kontext-Frame (Ankereffekt):
Nennen Sie niemals Ihren Preis zuerst. Nennen Sie zuerst einen viel höheren Anker. "Normalerweise kosten Lösungen in dieser Kategorie zwischen 50.000 und 80.000 Euro. Unsere Lösung, die speziell für den Mittelstand optimiert ist, liegt bei 25.000 Euro."
Hätten Sie direkt 25.000 gesagt, wäre es teuer gewesen. Nach 80.000 wirkt es günstig.
Fazit: Sie sind der Regisseur
Ihr Produkt ist der Schauspieler. Framing ist das Bühnenbild und die Beleuchtung. Sie können den besten Schauspieler der Welt haben (bestes Produkt) – wenn Sie ihn auf eine dunkle Müllhalde stellen (schlechtes Framing), wird das Publikum nicht klatschen.
Überlassen Sie die Wahrnehmung Ihres Angebots nicht dem Zufall. Setzen Sie den Rahmen so, dass der Wert strahlt und der Preis im Schatten verschwindet.
Häufige Fragen (FAQ)
- Wie lange dauert die Implementierung von Strategien zu Direct Marketing Psychology?
- Erste Ergebnisse sind oft schon nach 3-6 Monaten sichtbar, eine vollständige Integration dauert in der Regel 9-12 Monate.
- Für welche Unternehmensgrößen ist Der Framing-Effekt: Preise präsentieren wie ein Profi relevant?
- Grundsätzlich profitieren Unternehmen ab 10 Mitarbeitern, besonders aber solche mit komplexen Verkaufszyklen.
- Welche Kosten sind mit Der Framing-Effekt: Preise präsentieren wie ein Profi verbunden?
- Die Kosten variieren stark, aber der ROI (Return on Invest) liegt bei korrekter Ausführung oft bei über 300%.
Über den Autor
Dr. Sarah Müller
Senior Marketing Strategist
Expertise: B2B Marketing, Direktmarketing, Verkaufspsychologie
Dr. Sarah Müller ist seit über 15 Jahren im B2B-Marketing tätig. Sie hat an der Universität St. Gallen promoviert und berät Fortune-500-Unternehmen bei der Optimierung ihrer Marketing-Strategien. Ihre Expertise liegt in der Verbindung von psychologischen Erkenntnissen mit datengetriebenen Marketing-Ansätzen.